Gemeinwohl-Ökonomie in vier Göttinger Kommunalbetrieben

Die vier Gesellschaften der Stadt Göttingen: „Beschäftigungsförderung (BFGoe)“, „Deutsches Theater (DT)“, „Kommunale Dienste (KDG)“ und „Seniorenzentrum“ haben 2021 zusammen eine Gemeinwohl-Bilanzierung erarbeitet. Im Januar 2022 erhielten sie dafür ihre Testate. Nun konnte die öffentliche Vorstellung ihrer Leistung erfolgen, nachden diese Veranstaltung zuvor wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte.

Gemeinwohl-Ökonomie in vier Göttinger Kommunalbetrieben

V..l.n.r.: Christian Schmelcher (BFGoe), Sandra Hinz (DT), Kai Osterhorn (Seniorenzentrum) und Diana Walkinstik-man-alone (KDG). Per Video zugeschaltet: Christian Felber

Ort: dt.x, Deutsches Theater Göttingen

Nach einem Impulsvortrag per Videoübertragung von Christian Felber aus Österreich, Mitbegründer der GWÖ, berichteten die Geschäftsführer*Innen Christian Schmelcher (BFGoe), Sandra Hinz (DT), Kai Osterhorn (Seniorenzentrum) und Diana Walkinstik-man-alone (KDG) über ihre Erfahrungen mit dem Bilanzierungsprozess. Im Publikum waren Vertreter*Innen der Stadt, der Stadtratsfraktionen, der Wirtschaftsförderung, weiterer Kommunalbetriebe und von privaten Unternehmen. Abschließend konnte das Publikum Meinungen und Fragen an die Sprecher*Innen richten.

Felber erläuterte in seinem vierzigminütigen Schnelldurchgang durch die Gemeinwohl-Ökonomie die Motive und Wirkungen der 2011 gegründeten Bürgerbewegung. Er legte Wert auf seine Aussage, dass die meisten Wirtschaftswissenschaftler einen „klassischen Methodenfehler“ begingen, wenn sie als Erfolg für gutes Wirtschaften allein die Mittelvermehrung, nämlich Geld- und Kapitalzuwachs, messen würden.

In vielen Verfassungen sei aber das Ziel des Wirtschaftens deutlich als die Mehrung des Allgemeinwohls festgeschrieben worden. Allein die finanziellen Kennwerte des BIP auf Staatsebene sowie die der Finanzbilanz und die Prüfung der Kreditwürdigkeit auf der Unternehmensebene zu betrachten, könne keine gültigen Aussagen darüber machen, wie gut es Mensch und Umwelt gehe. Diese Zahlenwerte würden insbesondere auch dann steigen, wenn Lebensgrundlagen zerstört, Kinder- und Zwangsarbeit in den Lieferketten genutzt und Kriege und Katastrophen Wiederaufbauleistungen erforderten.

Die Geschäftsführer*Innen waren sich darin einig, dass der Prozess schon einiges an Arbeit gemacht habe, dass allerdings jetzt die eigentliche Arbeit beginnen müsse. Die sozial-ökologischen Ziele, die erarbeitet wurden, müssten nämlich nun auch umgesetzt werden. Zu dem Arbeitsaufwand eines 40-seitigen Abschlussberichtes meinte Felber: „Wie viele Stunden beschäftigen wir uns mit Jahresabschlüssen, Finanz- und Kreditplanungen, Steuererklärungen. Aber wir sind es gewohnt, den finanziellen Aspekten einen hohen Aufwand entgegenzubringen. Dem wirklich Wichtigen, dem Ziel des Wirtschaftens, dem Gemeinwohl, sollten wir dem nicht dauerhaft mindestens ebenso viel Wertschätzung und Zeit widmen?“

Eine gute Nachricht konnten wir im Nachgespräch der Veranstaltung erfahren: Die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung Göttingen mbH (GWG) will im Herbst zusammen mit drei anderen Kommunalbetrieben eine Gruppen-Bilanzierung beginnen!