Ein alternatives Wirtschaftsmodell, wie es die Gemeinwohl-Ökonomie ist, kann langfristig nur dann erfolgreich sein, wenn es vom gesetzlichen Rahmen unterstützt wird. Umso erfreulicher ist es, dass die GWÖ in ihrer kurzen Geschichte erste Fortschritte auf der lokalen und regionalen Regierungsebene erzielt hat. Die Europäische Union sowie Regierungen und politische Parteien in ganz Europa haben die GWÖ als ein wirksames Instrument anerkannt, um Verbrauchern und anderen Interessengruppen mehr Transparenz zu bieten. Bis zu einem gewissen Grad hat die Gemeinwohl-Bilanz die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR) bereits auf eine neue Ebene gebracht. Die GWÖ ist selbst keine politische Partei. Sie versucht jedoch, Fürsprecher*innen in möglichst vielen Parteien zu gewinnen. Zahlreiche Politiker*innen haben sich als Unterstützer*innen der GWÖ registriert – einige davon finden Sie weiter unten.

EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung

Im Februar 2022 nimmt die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die mit der Erarbeitung der Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) für die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie CSRD beauftragt ist, die Gemeinwohl-Ökonomie als eine von 13 neuen Mitgliedsorganisationen auf. Im März findet an der Universität Valencia die 2. Wissenschaftliche Konferenz ECGIC II statt.

Gemäß der EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (2014/95/EU) sind Großunternehmen seit 2017 zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen verpflichtet. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Transparenz der Geschäftstätigkeiten einer Organisation und deren Auswirkungen, insbesondere in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerfragen, zu erhöhen.

GWÖ als Mittel zur Schaffung eines europäischen Ethikmarktes

Die Anerkennung der Gemeinwohl-Ökonomie durch den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist richtungsweisend. 2015 verabschiedete der EWSA mit einer Mehrheit von 86 Prozent eine Stellungnahme zum Thema „Wirtschaft für das Gemeinwohl“. Das Ergebnis dieser Abstimmung war auch eine klare Anweisung an die Europäische Kommission: Im Rahmen der erneuerten Strategie der nichtfinanziellen Berichterstattung sollen diejenigen Unternehmen belohnt werden, die eine höhere ethische Leistung nachweisen können. Auf Ersuchen der Europäischen Kommission antwortete der EWSA 2017 mit einer erläuternden Stellungnahme zum Thema „Neue nachhaltige Wirtschaftsmodelle“, in der die GWÖ erneut zweimal erwähnt wurde.

Christian Felber und Diego de Isabel la Moneda
beim Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss in Brüssel

GWÖ in der politischen Praxis

  • Im Herbst 2021 haben sich die Parteien in Deutschland auf einen Koalitionsvertrag verständigt, bei dem eines der übergeordneten Anliegen der neuen Bundesregierung lautet: „Wir verbessern die rechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften.“
  • 2021 wird die GWÖ in den Regierungsprogrammen von Bremen und Hamburg aufgenommen.
  • Die Landesregierungen von Baden-Württemberg (2016) und Hessen (2018) integrierten die Gemeinwohl-Ökonomie in ihre Regierungsprogramme.
  • Die Regionalregierung von Valencia fördert in einem Erlass vom 1. Februar 2017 Unternehmen, Vereine und Stiftungen, welche die GWÖ bekannt machen und anwenden.
  • Die Landesregierung von Salzburg (2013) integrierte die Gemeinwohl-Ökonomie in ihr Regierungsprogramm.

Erfahren Sie mehr über bereits bestehende Gemeinwohl-Gemeinden.

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