Kongress für eine Gemeinwohl-Ökonomie

„Ein historischer Meilenstein“

Anfang November haben mehr als 20 Teilnehmer:innen an der Entwicklung eines Gemeinwohl-Konzepts gearbeitet. Ein Konzept, das den Fokus nicht nur auf das Materielle legt, sondern ein generell gutes Leben für alle ermöglichen soll. Krönender Abschluss der vier Tage war eine Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Einen kurzen Überblick gibt’s in unserem Kurzvideo

Genau unter diesem Motto – ein gutes Leben für alle – haben die Teilnehmer:innen unter der Anleitung von Bildungsreferent Johannes Dolderer mit der Entwicklung des Konzepts begonnen. Das FRANZ!werk in Tübingen schaffte einen passenden Ort mit ausreichend Platz für Gedanken. In verschiedenen Arbeitsgruppen wurde sich dem Thema nach und nach genähert und das gemeinsame Konzept konkretisiert. Mitgemacht haben Interessierte mit ganz verschiedenen Hintergründen – angereist sind beispielsweise Schüler:innen, Studierende, Ingenieur:innen und Rentner:innen aus verschiedenen Teilen Baden-Württembergs und auch über die Landesgrenze hinaus.

Es wurde diskutiert, abgestimmt, weiter diskutiert und bewertet. Schnell waren die Teilnehmenden tief in der Thematik und brachten ihre Vorstellungen von einem besseren Leben für alle in eine Form. „Wir sind aber noch mit vielen offenen Fragen rausgegangen“, zieht Markus Buckenmayer seine Zwischenbilanz. Die Teilnehmenden sind sich einig: Sie haben jede Menge gelernt, viel erreicht und wissen dennoch, dass vier Tage für so ein komplexes Thema eigentlich zu kurz sind. Doch das Grundgerüst ist gebaut. „Ich finde die Wiederholung eines solchen Kongresses an vielen Orten und mit diversen Menschen wichtig, um so ein Konzept erfolgreich umsetzen zu können“, so die Einschätzung von Marielle Rüppel.

Zum Abschluss des Kongresses wurde das Endprodukt bei einer Podiumsdiskussion Vertreter:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vorgestellt. Jürgen Laske, Geschäftsführer des GWÖ-Unternehmens Bausinger, saß als Vertreter der Wirtschaft auf dem Podium. Landtagsabgeordneter Norbert Knopf (Grüne) sowie die beiden Tübinger Stadträtinnen Krishna-Sara Helme (Grüne) und Ingeborg Höhne-Mack (SPD) haben die politische Ebene vertreten und Professor Christian Arndt, Professor an der Hochschule Nürtingen, die wissenschaftliche Sichtweise. Rund 50 Gäste sind der Einladung zur Abschlussveranstaltung gefolgt.

„Wichtig ist, dass so ein Produkt aus der Bevölkerung raus entsteht.“

Zu Beginn der Veranstaltung präsentierten die Teilnehmenden ihr Endprodukt – und ernteten großen Applaus. „Ich finde es beeindrucken, was für eine hervorragende Arbeit in dieser kurzen Zeit und auf diesem Niveau geleistet wurde“, so die erste Einschätzung von Christian Arndt. „Wichtig ist, dass so ein Produkt aus der Bevölkerung raus entsteht. Von denjenigen, die es am Ende betrifft.“ Dass so ein demokratisch legitimiertes Produkt der Politik mehr Handhabe bei ihren Entscheidungen geben könnte, das sieht Norbert Knopf kritisch. „Es wird immer die Notwendigkeit der Rechtfertigung geben. Grundsätzlich ist das natürlich eine extrem hilfreiche Messlatte.“ Jürgen Laske ergänzt: „Die Definition eines guten Lebens ist sehr individuell. Dinge verändern sich, daher auch Zielwerte. Es ist jedoch wichtig, das Bewusstsein zu schärfen.“ Und dazu trage so ein Konzept einen wichtigen Teil bei.

Das Gemeinwohl-Konzept bietet Grundlage zur Diskussion und ist noch lange nicht ausgereift – doch den Anspruch, das zu erfüllen, hatte der Kongress auch nicht. „Ich bin mir sicher, dass wir innerhalb der GWÖ-Bewegung einen historischen Meilenstein geschaffen haben, von dem viele weitere Personen profitieren werden und an den wir viele weitere Prozesse anschließen können“, so die Bilanz von Johannes Dolderer. Ingeborg Höhne-Mack gab den Teilnehmenden folgenden Rat mit auf den Weg: „Gehen Sie ins Gespräch. Mit allen, die in irgendeiner Form politische Verantwortung tragen. Laden Sie sich bei den Fraktionen ein und verschaffen Sie sich Gehört.“ Krishna-Sara Helmle ergänzte: „Stellt eure Themen mit Beharrlichkeit im politischen Raum vor. Die Skepsis ist in teilweise noch da, deshalb: Geht uns auf die Nerven!“

„Wir sind einem guten Leben für alle einen Schritt nähergekommen.“

Und das wird auch passieren: „Mit Geduld, Beharrlichkeit und Engagement kann einiges vorangehen. Wir haben den ersten Prototypen für die Entwicklung eines Gemeinwohl-Produkts erarbeitet. Das werden wir in die Bewegung spiegeln und im kommenden Jahr den nächsten Kongress veranstalten“, so das abschließende Fazit von Alessandra Hensel, Geschäftsführerin der GWÖ Baden-Württemberg. „Wir sind in den vergangenen vier Tagen dem guten Leben für alle einen Schritt nähergekommen, worauf wir alle sehr stolz sein können.“

Gefördert wurde der Kongress aus Mitteln der Glücksspirale des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft BW. Ein herzliches Dankeschön auch an unsere Sponsor:innen: die Wirtschaftsförderung Tübingen und die beiden Gemeinwohl-bilanzierten Unternehmen nestbau AG aus Tübingen und WEtell, der nachhaltige Mobilfunk-Anbieter.

Du willst noch mehr über den Kongress erfahren? Schau Dir diesen Kurzfilm an!