Die Gemeinwohl-Ökonomie Österreich begrüßt den Beschluss des EU-Parlaments zur Lieferkettengesetz-Richtlinie CSDDD und nennt Verbesserungspunkte

Brüssel / Berlin | Die GWÖ-Bewegung begrüßt den Beschluss des EU-Parlaments seiner Position zur CSDDD, der Lieferkettengesetz-Richtlinie. Das Plenum folgte bis auf in einem Punkt – Art. 26 – weitgehend dem Vorschlag des federführenden Rechtsausschusses, mehrere Verwässerungsversuche wurden abgewendet. Dennoch könnte die Regulierung vereinfacht werden, indem die beiden “CS”-Richtlinien CSRD und CSDDD zusammengelegt werden, wie es die Gemeinwohl-Bilanz bereits vorsieht.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung“

Mit der CSDDD wird ein weiterer Pflock auf dem Feld der internationalen Verantwortung der Wirtschaft eingeschlagen“, begrüßt Christian Felber, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung, die Position des EU-Parlaments, zumal aus der Sicht der GWÖ globale Wirtschaftsfreiheiten und -Rechte sowie entsprechende Pflichten und Verantwortung zwei Seiten einer Medaille sein müssen. Bezeichnender Weise fiel nun ausgerechnet der Artikel 26 der CSDDD dem Parlamentsvotum zum Opfer, der das Management direkt in die Verantwortung zur Überwachung der Sorgfaltspflichten genommen hätte. Übrig blieb nur Artikel 25, der das Management zur „Beachtung“ von Risiken bezüglich der Menschenrechte sowie des Umwelt- und Klimaschutzes verpflichtet. „Das ist deutlich weniger als die einklagbare Pflicht zur Überwachung der entsprechenden Sorgfaltspflichten, und die Tatsache, dass der Rat in seiner Position auch Artikel 25 streichen will, zeigt, wie wenig die EU-Gesetzgebungsorgane bereit sind, internationale Konzerne ernsthaft in die Pflicht zu nehmen“, so Felber. Positiv vermerkt die GWÖ, dass die Schwelle der betroffenen Unternehmen – deutlich niedriger als im deutschen Lieferkettengesetz – auf 250 Mitarbeitende gesenkt wurde und dass der Finanzsektor nicht ausgeklammert wurde. „Alles in allem ist es ein Anfang, der in die richtige Richtung geht“, so Felber. Die GWÖ setzt sich nun dafür ein, dass im Trilog zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission ein möglichst ambitionierter finaler Text der CSDDD herauskommt.

CSRD und CSDDD könnten auch zusammengelegt werden

Für die Zukunft befürchtet Felber ein Stückwerk an zu vielen, zu umfangreichen und nicht gut aufeinander abgestimmten neuen Regulierungen wie neben den beiden „CS“-Richtlinien CSRD und CSDDD auch die Taxonomie, die Finanzmarkt-Offenlegungsverordnung, die Anti-Greenwashing-Initiative und andere. „Es ginge auch einfacher“, so Felber, „indem die unternehmerische Nachhaltigkeitsperformance einmalig und quantitativ vergleichbar für alle Stakeholder gemessen wird. Dann könnten alle Stakeholder – Finanzierer, öffentliche Einkäufer, Wirtschaftsförderer und Konsument*innen – sich daran orientieren. Die Gemeinwohl-Bilanz leistet bereits diesen „einen Guss“, der nicht nur Transparenz schaffen würde, sondern auch die Möglichkeit zur Verknüpfung mit positiven und negativen Anreizen für z. B. besonders klimafreundliche oder -schädliche Unternehmen. Auch die Integration der direkten Verantwortung des Managements für den Schutz der Menschenrechte wäre problemlos möglich“, so Felber abschließend.

Über die Gemeinwohl-Ökonomie

Die weltweit agierende Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung nahm 2010 in Wien ihren Ausgang und basiert auf den Ideen des österreichischen Publizisten Christian Felber. Die GWÖ versteht sich als Wegbereiterin für eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung eines verantwortungsbewussten, kooperativen Miteinanders im Rahmen eines ethischen Wirtschaftens. Erfolg wird nicht primär an finanziellen Kennzahlen gemessen, sondern mit dem Gemeinwohl-Produkt für eine Volkswirtschaft, mit der Gemeinwohl-Bilanz für Unternehmen und mit der Gemeinwohl-Prüfung für Investitionen.

Aktuell umfasst die Bewegung weltweit 11.000 Unterstützer*innen, rund 5.000 Mitglieder in über 170 Regionalgruppen, 35 GWÖ-Vereine, über 1000 bilanzierte Unternehmen und andere Organisationen, knapp 60 Gemeinden und Städte sowie 200 Hochschulen weltweit, die die Vision der Gemeinwohl-Ökonomie verbreiten, umsetzen und weiterentwickeln.

An der Universität Valencia wurde 2017 ein GWÖ-Lehrstuhl eingerichtet, in Österreich brachte die Genossenschaft für Gemeinwohl 2019 ein Gemeinwohlkonto auf den Markt, und im Herbst 2020 wurden im Kreis Höxter (DE) die drei ersten Städte gemeinwohlbilanziert. Seit Ende 2018 gibt es den Internationalen GWÖ-Verband mit Sitz in Hamburg. Der EU-Wirtschafts- und Sozialausschuss nahm 2015 eine eigeninitiierte Stellungnahme zur GWÖ mit 86 Prozent Stimmenmehrheit an und empfahl ihre Umsetzung in der EU.

Rückfragen zur Gemeinwohl-Ökonomie

Deutschland | Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Sibylle Reuter

press-germany@ecogood.org